Der bittere Geschmack kann uns das Leben versüßen
Wenn mich jemand nach meinen Lieblingsgeschmack fragt komme ich ins Grübeln. Ein ganz klares „den gibt es nicht“. Genauso gibt es für mich nicht die Lieblingsfarbe, die Lieblingsmusik, Lieblings…
Es ist eine Frage der Zeit, wann ich was und wie in meinem Leben haben möchte. Es ist ja auch traurig, ein Leben lang das gleiche zu essen, zu hören, anzuziehen usw. Ich beobachte den ständigen Wandel in und um mich drum rum. Das ist das was Freude macht.
Doch zurück zum Geschmack der Nahrung. Eine Frage, die jeder mit JA beantworten kann ist, ob er den süßen Geschmack mag. Der ist uns angeboren. Es ist der erste Geschmack den wir in unserem Leben erfahren – die süße Muttermilch (auch die als Ersatz dafür). Auch wenn sich unsere Geschmacksvorlieben immer wieder wandeln, süß bleibt und ist der Geschmack, der uns nährt, Harmonie bringt, uns erdet, und sanft befeuchtet.
Das haben die Menschen, die bereits vor tausenden von Jahren nach der Natur lebten erkannt, beobachtet. Und damit konnte das Wissen darüber in Überlieferungen zu uns gelangen. Und es ist an uns, ob und wie wir es nutzen.
Die 5 Elemente Ernährung ist die Veranschaulichung dessen. Passend zu jeder Jahreszeit wirken in uns unterschiedliche Aspekte und damit unterschiedliche Geschmäcker. Die Erde bringt das Süße hervor, heißt es in alten Schriften, wie z. B. dem Suwen (Grundlagenwerk der TCM – Der Gelbe Kaiser). Die Erde-Zeit nach dem Wandlungsphasen der TCM ist zwischen den anderen (Wasser, Holz, Feuer und Metall) gelegen. Und genau zwischen den Jahreszeiten und der jeweiligen Elementen erfüllt sie ihre erdig-mütterliche Aufgabe. Sie schaut, was überall im Körper gebraucht wird. Sie schaut, ob alle gut versorgt sind. Sie schaut, ob Schmutz rumliegt und kümmert sich um die Entsorgung dessen. Sie ist weder Yin noch Yang. Sie ist die Mitte dessen.
Bis zum 26. Juli 2020 sind wir im Feuerelement – das Element des Sommers, des Herzens als Yin- und des Dünndarms als Yang-Organ. Diesem zugeordnet ist der bittere Geschmack. Dieser hat die Aufgabe uns zu kühlen und Hitze nach unten abzusenken. Auch Leber und Gallenblase profitieren mit entspannender Wirkung und die Nahrung kann besser verdaut werden. Auch Menschen mit Übergewicht, oft durch ein Übermaß an Feuchtigkeit können mit dem bitteren Geschmack die Verdauung anregen um eben diese Feuchtigkeit zu transformieren.
Wer mag denn nun bitteschön den bitteren Geschmack? Und Schwupps, erfahren wir an dieser Stelle wieder die Meinung und Entscheidung der Industrie: Bitter wollen die Menschen nicht. Das lässt sich schlecht verkaufen. Also Bitter raus aus den Lebensmitteln und Süße rein. Schade, schade. Damit entgehen uns die einfachen Wirkweisen der Natur. Dabei tut es uns auch im Sommer gut, das bittere in den Speiseplan zu integrieren. Bitter ist gut bei Salaten als mittägliche Beilage angesiedelt, so z. B. Chicorée, Radicchio, Endivie. Zu finden ist das Bittere auch in Orangen- und Zitronenschalen, die dezent eingesetzt durchaus das Essen bekömmlicher machen und dazu auch noch mit ihrer feinen Würze ein Geschmackserlebnis zaubern. Und zu nennen sind unbedingt die mediterranen Gewürze wie Oregano, Rosmarin, Thymian & Co.
Doch alles hat sein Maß. Ein Übermaß an bitterer Nahrung oder auch Tees wirkt trocknend auf die Körpersäfte, vor allem auf das Lebens-Elixier Blut. Und das wollen wir auf keinen Fall, schon gar nicht im Sommer, wo die Körpersäfte uns kühlen und befeuchten wollen.
Na dann, auf dass das Bittere zum Süßen wird.
Und hier noch mein Rezeptvorschlag: Eine süß-bittere Sommerhirse. Bestehend aus gekochter Hirse, Tomate, Zucchini, Selleriestange, Champignons, Paprika – alles einzeln sanft in milden Olivenöl gedünstet (Deckel nicht vergessen), in der Hirse gemischt, mit mediterranen Kräutern gewürzt und mit süßem Fetakäse aufgepeppt. Hier passt auch Basilikum oder Rucola dazu. Ich habe einige Blätter der Stangensellerie untergemischt. Dazu ein Säfte spendender Salat – leicht bitter – und für gutes Blut schwarze Johannesbeeren.